Als Fachmedium beleuchtet X-Ray die Modewelt von einer anderen Seite. Das Magazin berichtet über Hintergründe und Fakten aus der Modebranche, für die Modebranche. Ich durfte mit der Redakteurin Isabel Feiss über ihre Aufgaben im Redaktionsalltag, die Idee und Inhalte des Magazins und kleine und große Fehler von PR‘ lern sprechen:
Frau Faiss, wie wird man Fachredakteurin?
Dafür gibt es wahrscheinlich keinen universellen Karriereweg. Daher kann ich nur sagen, wie ich ihn gegangen bin: nach der Ausbildung als Modejournalistin habe ich bei verschiedenen Mode- und Lifestylemagazinen gearbeitet. Sich die nötigen Fachkenntnisse anzueignen erfolgt dann ganz klassischdurch „Learning by Doing“ und durch das Führen unzähliger Gespräche mit Experten aus der Branche.
An welche Zielgruppe wendet sich X-ray und in welchen Ländern erscheint das Magazin?
X-ray richtet sich als Modefachmagazin in erster Linie an den Fachhandel, also an Modehändler, Inhaber von Fashion Stores und Onlinehändler. Daneben sprechen wir aber natürlich auch die Industrie und alle Entscheidungsträger der Branche an. X-ray erscheint viermal jährlich auf Deutsch und auf Englisch. Im Fokus stehen die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz. Das Heft erscheint zudem auch in Italien, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Dänemark, Schweden, Großbritannien und Irland.
Als Fachmedium berichten Sie früher als Publikumstitel über Trends. Was unterscheidet sie sonst noch von Modemagazinen wie der Vogue?
„Aus der Branche für die Branche“ ist das Motto. Im Gegensatz zu Titeln wie der Elle, der InStyle oder der Vogue berichtet X-ray über Hintergründe, wirtschaftliche Entwicklungen, marktrelevante Veränderungen und Tendenzen, die für alle Marktteilnehmer wichtig sind. Bei jeder Themenkonferenz stellen wir uns die Frage: Welchen Mehrwert hat der Leser von dieser Story? Vielleicht ist es anhand eines Beispiels schöner zu erklären: Während eine Redakteurin der Elle mit Henrik Vibskov tendenziell über seine aktuelle Kollektion spricht, würden wir uns darüber hinaus mit Rike Döpp von Agency V in Berlin über die tatsächlichen Verkaufszahlen unterhalten. Oder mit zwei, drei Referenzstores wie WoodWood in Berlin über die veränderte Nachfrage skandinavischer Streetwear im deutschen Markt. Oder mit der Produktionsstätte über die Möglichkeit ökologischer Herstellungsprozesse, Innovationen in der Vorstufe und auf Materialebene. Einfach gesagt: Während Publikumstitel über das Stück Stoff als fertiges Produkt berichten, fängt für uns die Thematik weit hinter dem Stoff an. Wir beleuchten alles, was vor und hinter dem Endprodukt liegt. Wir sprechen über Entscheidungen, die wichtigsten Personen der Branche und ihre Strategien, wir verfolgen Geldflüsse und die Gesamtauswirkungen im Markt.
Die X-ray erscheint nur vier Mal im Jahr. Warum haben Sie diese Taktung gewählt?
Wir haben den Rhythmus unseres Heftes dem Rhythmus der Branche versucht anzupassen. Zweimal im Jahr, im Januar und Juli finden die wichtigsten Modemessen statt. Dort berichtet die Branche über die übernächste Saison. Zu diesen Messeterminen erscheint je eine Ausgabe. Im direkten Anschluss an die Messe beginnt für Modehändler die wichtige Orderphase. Um sie in ihren Entscheidungsprozessen optimal zu unterstützen und zu begleiten, bringen wir zu diesem Termin zwei weitere Ausgaben raus.
Was genau beinhaltet Ihr Aufgabenbereich im Redaktionsalltag?
Das beinhaltet in erster Linie die Recherche von redaktionellen Inhalten, die zu 95 Prozent über Gespräche mit Experten aus verschiedenen Bereichen der Branche erfolgt. In X-ray wollen wir möglichst viel Meinung und Haltung publizieren, daher stehen Menschen und ihre persönliche Meinung immer an erster Stelle. Nach der Recherche fasse ich die Ergebnisse zu Texten zusammen. Hinzu kommt der organisatorische Ablauf der Heftproduktion, den wir als Team gemeinsam begleiten.
Wie informieren Sie sich über Neuigkeiten?
Hauptsächlich über Gespräche auf Messen, auf Pressetagen und mit Kollegen. Zusätzlich ist man als Journalist in vielen Verteilern gelistet und erhält fast im Minutentakt Pressemeldungen zu aktuellen Ereignissen.
Nutzen Sie Social Media Tools für Ihre Arbeit?
Nein. Die meisten Social Media Tools bewegen sich inhaltlich in einer anderen Zeit. Wir sind thematisch immer mindestens ein Jahr voraus. Foren und Blogs greifen daher überwiegend Themen auf, die für uns schon nicht mehr relevant sind. Zudem liegt für mich ein entscheidender Nachteil dieser Tools in der Willkür der Betreiber hinsichtlich des Datenschutzes. Vorteile ergeben sich durch solche Tools nur dahingehend, dass sie mir meinen Joballtag erleichtern, durch die Möglichkeit, mit Autoren am anderen Ende der Welt zu kommunizieren. Für redaktionelle Themen profitiere ich kaum.
Wie entscheiden Sie, welche Storys im Heft veröffentlicht werden?
Wir stellen uns immer die Frage, was unsere Leser, also hauptsächlich Entscheidungsträger aus dem Fachhandel und dem Einkauf, an einer Thematik interessiert. Oder ob es Themen gibt, die der Branche gerade auf der Seele brennen.
Sie produzieren auch Fotostrecken. Wonach wählen Sie die Produkte aus, die gezeigt werden?
Wir wählen Produkte nach Themen aus, die wir aufgrund unserer Recherche definiert haben. Ein großes Thema der letzten Ausgaben war beispielsweise die auffälligen stilistischen Veränderungen in der New Menswear. Dazu haben wir dann auch eine Modestrecke umgesetzt. Unsere Editorials richten sich meistens an großen Geschichten im Heft aus.
Was würden Sie als klassischen Fauxpas eines PR Verantwortlichen bezeichnen, der versucht eine Meldung oder ein Produkt in Ihrem Magazin zu platzieren?
Leider merke ich immer wieder, dass PR-Agenten über ihre Kunden und deren Produkte nur oberflächlich informiert sind. Für mich ist es ärgerlich, wenn ich eine Pressemeldung bekomme, die Fragen aufwirft und ich auf diese Fragen dann zeitnah keine fundierten Antworten bekomme. PR-Agenten sind unsere erste Anlaufstelle, wenn wir Informationen brauchen. Diese Informationen sollten dann aber auch abrufbar und belegt sein. Ein gut informierter PR-Berater, der mir zu seinem Kunden wirklich spannende Infos geben kann und voll und ganz hinter dem Thema oder der Marke steht, hat die besten Chancen. An so einen Ansprechpartner wende ich mich dann regelmäßig mit Anfragen. Eine Pressemitteilung, die in sich widersprüchlich ist oder vage Aussagen enthält, hat keine Chancen. Zeitverzögerungen können wir uns in unserem Job nicht leisten. Eine Anfrage an eine PR-Agentur sollte innerhalb eines Tages beantwortet sein, zumindest mit einem Lebenszeichen des Angesprochenen. Am besten sind Pressemitteilungen, die sich auf das Wesentliche beschränken, kurz und knapp formuliert sind, einen Link zum direkten Ansprechpartner für weitere Fragen enthalten und immer Bildmaterial beinhalten das auch druckfähig ist.
Vielen Dank, Isabel Faiss.